"Komm aus dem Gebüsch raus"
"Wir müssen weiter"
"Bleib da"
"Warte"
"Stop"
Kennst du diese Sätze?
Dein Hund will schauen aber ihr müsst weiter.
Dein Hund will schnüffeln, ihr müsst aber nach Hause.
Dein Hund will nach links, es geht aber nach rechts.
Dein Hund will flitzen, er muss aber an die Leine.
Dein Hund will baden, baden ist aber nicht erlaubt.
Dein Hund würde gerne was vom Boden essen, du ziehst ihn weiter oder weg.
Kennst du solche Situationen?
Ich glaube alle Hundeeltern kennen sie. Und sie sind normal und haben absolut ihre Berechtigung. Denn am Ende des Tages, leben wir alle in einer Gemeinschaft, mit Regeln an die es sich zu halten gilt, damit es allen (einigermaßen) gut geht.
Wir finden nicht alle Regeln gut oder sinnvoll, finden aber einen Weg um mit ihnen zu Recht zu kommen. Und an manche halten wir uns bewusst nicht, nehmen in Kauf, dass wir erwischt werden und/oder ärgern uns, wenn wir erwischt werden. Sonst würde sich wohl jeder an die Straßenverkehrsordnung halten, oder?
Und weil unsere Hunde diese Regeln eben nicht verstehen können, Risiken nicht einschätzen können, lassen wir sie nicht einfach machen. Das ist unser Job und am Ende auch unsere Verantwortung als Hundehalter, oder?
Wir (Menschen) verstehen was wir da tun, erkennen einen Sinn und einen Mehrwert für unsere Lieblinge und können daher die Regeln aushalten.
Mein Hund (vielleicht ist es bei euch anders) sieht mich in solchen Momenten mit einem fragenden Blick an und kann überhaupt nichts Schlimmes darin erkennen, einer Maus hinterher zu jagen, Essen vom Boden aufzuheben oder einfach nicht dahin gehen zu dürfen, wie sie es jetzt gerne tun würde. Sie vertraut mir, bekommt eine Alternative aber am Ende schwimmt immer etwas Frust mit. Denn, sie versteht es einfach nicht.
Ich fand das immer sehr schade, deswegen gibt es bei uns, wann immer möglich ein "Tiny hat das Sagen" Spaziergang. Der Name ist natürlich ersetzbar :-).
Erst heute haben wir wieder die kühlen Morgenstunden dafür genutzt. Und da Tiny daran immer so einen Spaß hat und einfach erfüllt, entspannt und hundemüde ins Auto einsteigt, dachte ich, ich teile es mit euch. Vielleicht haben eure Hunde da auch Lust drauf, versucht es!
Bei dieser Art von Spaziergang suche ich Strecken aus, die so wenig Spaßbremsen wie möglich haben. Das bedeutet wenig Menschen und Hunde, am besten keine Autos (oder so wenig wie möglich), Freilauf erlaubt, in Tinys Fall ebenerdig bzw. so wenig Steigung wie möglich. Und dann geht es los.
Wenn wir los laufen ist sie noch an der Leine. Da sie nach der Autofahrt etwas aufgeregt ist, ihr Geschäft erledigen muss usw. findet sie Kooperation in solchen Momenten völlig unwichtig. (Naja, wenn die Blase drückt...)
Wenn sie nach ein paar Minuten alles erledigt hat, die Körperhaltung sich entspannt und sie anfängt zu schnüffeln, zu schauen, sich mit der Umwelt zu beschäftigen, kommt die Leine ab und sie gibt den Ton an.
Sie bleibt stehen und schnüffelt, ich bleibe stehen....EGAL WIE LANGE ES DAUERT!
Sie will links, wir gehen links.
Sie will über die Wiese, wir gehen über die Wiese.
Sie will sich wälzen, ich atme ruhig ein und aus, freue mich, dass sie so kurzes und pflegeleichtes Fell hat und genieße ihr zufriedenes Brummen.
Sie will ins Wasser, alla hopp.
...
Ich denke, ihr versteht worauf ich hinaus will.
(Natürlich passe ich auf, dass andere nicht geschadet oder gestört werden)
Außerdem gibt es in dieser Zeit nur die nötigsten Signale.
In unserem Fall, laufen wir auf eine Kreuzung zu, dann ist Fußlaufen angesagt. Haben wir die Kreuzung passiert und sie kann wieder los, Keks, "Fertig" Signal und "Freizeit" Signal und ab geht die Post.
Die ersten Male war Tiny etwas verwirrt, denn wie fast alle Hunde, war sie etwas überfordert damit. Seit wann hält Frauchen die Klappe? Nach zwei/ drei solcher Spaziergänge wusste sie genau, was "Freizeit" bedeutet und sie genießt es. Wer jetzt denkt, Tiny düst dann direkt los und wart nicht mehr gesehen, ganz im Gegenteil. Sie schlendert vor mir her, mal links, mal rechts, mal etwas voraus, mal etwas hinten dran. Sie verhält sich wie ein ganz normaler, gechillter, fast 8 Jahre alter Rottweiler mit Wehwechen.
Natürlich sieht ein solcher Spaziergang so individuell aus, wie ein jeder Hund ist.
Ein Viszla wird wahrscheinlich begeistert sein, mit dir eine Fährte zu verfolgen.
Ein Labrador wird einfach eine Stunde lang im Wasser treiben und sich regelmäßig in deinem Umfeld schütteln. Ein Terrier oder Dackel wird es lieben, ewig lange das Mauseloch zu beobachten, darin zu buddeln. Und der Schäferhund wird wahrscheinlich weiterhin neben dir her laufen, die Umwelt abscannen und einfach nur deine Nähe genießen. Vielleicht sieht es bei euch auch ganz anders aus - wer weiß.
Egal wie es aussieht, dein Hund wird es lieben.
Passe einfach die Rahmenbedingungen an eure Bedürfnisse an. z.B. besorge dir eine extra lange Schleppleine, falls dein Hund nicht gut abrufbar ist. Wenn dein Hund gerne in die Büsche will, such dir Strecken im Wald aus, wo er das ausleben kann, ohne Sorge zu haben, dass gleich was giftiges liegt. Dein Hund hat ein Thema bei Hundebegegnungen und kann eigentlich nie einfach nur los laufen? Schau ob es Strecken oder Wege gibt, wo wenig bis gar keine Leute unterwegs sind.
Ich weiß, ein solcher Spaziergang ist etwas mehr Aufwand für dich. Keine Frage und es bedarf auch etwas Übung und Routine. Aber es wird sich sowas von lohnen. Dein Hund wird es dir danken, wenn er einfach mal Hund sein darf.
Außerdem hat es was ganz beruhigendes, für den Zweibeiner am anderen Ende der Leine, wenn man einfach mal nicht den Ton angeben muss und die Rollen tauschen kann. Jetzt führt halt mal der Hund :-)
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